Frisch gepresst schmeckt’s doch am besten: In Kuhlmühle wurden in dieser Woche drei Saftpressen gebaut – jede etwa 1,40 Meter hoch. Eine davon soll vom 17. bis 19.Oktober zeigen, was sie kann. Denn dann finden die Kuhlmühler Safttage statt – und jeder kann dann aus seinem Obst eigenen Saft herstellen.
MAZ-Online, 05.09.2014
von Björn Wagener
Kuhlmühle. Wer den Garten voller Obstbäume hat und gar nicht weiß, wo er mit den vielen Früchten hin soll, oder wer sich gern mal an den Straßenbäumen bedient, kann in Kuhlmühle eigenhändig das Beste aus seinem Obst herauspressen und am Ende pasteurisierten Saft in selbst mitgebrachten Flaschen mit nach Hause nehmen. Das Ganze kostet nichts, erwartet werde lediglich eine Spende, sagt Simon van der Velden vom Verein mit dem etwas sperrigen Namen „Zentrum für soziale und ökologische Nachhaltigkeit, Permakultur und Naturverbundenheit“. Dieser ist Träger eines Projektes, das den Bau der Saftpressen und damit auch die Safttage überhaupt erst möglich macht. Gefördert wird es von der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt Brandenburg (Anu) und dem Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (MUGV) des Landes Brandenburg. Denn das Ganze verbindet in einem Workshop mehrere Teilnehmer aus verschiedenen ökologischen Bildungsprojekten – nämlich dem Projektehaus Eichelkamp in Potsdam, dem Torhaus Trebitz in Belzig und dem Landkombinat Gatschow in Mecklenburg-Vorpommern.
Dort arbeitet auch Werkzeugmacher Stefan Raabe, der den Prototypen gebaut hat, nach dessen Vorbild die weiteren Exemplare der Saftpresse nun nach und nach entstehen. „Wir haben gesehen, dass so viel Obst gar nicht abgeerntet wird, an Straßenrändern einfach ungenutzt herunterfällt und verkommt“, sagt Raabe. Diese brach liegende Ressource müsse endlich genutzt werden, beschreibt er die Anfangsmotivation im Landkombinat. „Wir hatten zuerst aber keine Ahnung, wie wir eine solche Presse bauen sollen.“ Allerdings sollte sie möglichst günstig herzustellen und „fehlertolerant“ sein, damit sie robust und leicht zu reparieren wäre, erklärt er. Nachdem er sich einige Saftpressen angeschaut hatte, habe das eigene Gerät zunächst theoretisch immer weiter Form angenommen – bis die Presse schließlich erstmals gebaut werden konnte. Raabe erhebt dabei keinen Anspruch auf Urheberrechte. Die Baupläne sind im Internet unter www.saftstrasse.de frei verfügbar. Wer möchte und es sich zutraut, kann sich daher auch selbst eine solche Saftpresse bauen. Etwa 150 bis 200 Liter pro Stunde seien mit dem Gerät zu schaffen. „Das hängt natürlich von der Motivation der Leute ab“, sagt Simon van der Velden.
Drei Saftpressen an drei Tagen – das war das ehrgeizige Ziel beim Workshop in Kuhlmühle, aber machbar, auch wenn eine Nachtschicht habe eingelegt werden müssen, wie Raabe sagt. Die Maschinen für den Bau seien aus Mecklenburg mitgebracht worden. Die Workshop-Teilnehmer lernten viel Handwerkliches dazu. Denn von Montag bis Mittwoch dieser Woche wurde in Kuhlmühle gesägt, gebohrt, geschweißt, geschliffen – bis die Pressen fertig waren. Sie werden künftig an den Standorten der genannten Bildungsprojekte zum Einsatz kommen. So könnte sich Nicole Gernhard vom Torhaus Trebitz zum Beispiel ein Saftpress-Projekt an Grundschulen vorstellen.
Auch in Kuhlmühle wären mit der dortigen Presse künftig jedes Jahr Safttage möglich. Simon van der Velden hofft, dass das auch so realisiert werden kann. Letztlich komme es auf die Resonanz der Leute an. „Wir hätten aber total Lust darauf, so etwas in der Region zu etablieren“, sagt er. Denn wo könne man heute noch zuschauen, wie aus dem eigenen Obst und aus eigener Kraft Saft gewonnen wird? „Bei uns ist es eben nicht so wie in einer Fabrik, in der man Obst abgibt und dafür Saft bekommt, denn hier erlebt man den gesamten Produktionsablauf mit.“ Dazu gehört auch das Waschen und Schreddern der Früchte sowie das Haltbarmachen des Saftes. Denn der dafür notwendige Pasteurisierer sei ebenfalls ein Eigenbau aus Gatschow – „natürlich lebensmittelecht“, betont van der Velden. Er nennt das Ganze einen „Selbstermächtigungsprozess“, der letztlich ein Stück weit dazu führt, dass heimisches Obst genutzt und nicht länger vergeudet wird, während andererseits „Obst aus Neuseeland“ importiert werde.